Dank in Leiden

 



Zu den (Mundart-) Liedern
CHRANK & HÄMORRHOIDE-BLUUS 
(CD "Uelis Schrot" 2007)




Lied: 
DANK IN LEIDEN

13     Dank in Leiden

 

Auf grüner Au will er mich weiden

Meiner Seel’ zur Freud’ zum Wohl

Mir  lacht das Herz, bin frohen Muts

Ist nichts, das andern ich müsst’ neiden


Doch unversehens trifft das Los

Des Kreuztragens meinen Schoss

Mich der so gerne will vermeiden

Allen Schmerz und jedes Leiden

 

Willst du mich läutern mittels Zorn?

Willst meinen Dank noch für den Lohn?

Was willst du, strenger Gott

Von mir in meiner Not?

 

Schon werd’ ich still und liege da

Dein Geist in meinem spricht dein ‘Ja’

Ich nehm’ es auf und sprech’ dir’s zu

Ja - du bist mein Gott, du meine Ruh’

 

Not und Schmerz ist mein Gebein

Doch in aller Qual und Pein

Bist du da, mein Herr und Gott

Bist meiner Leiden Ruheort

 

So dank’ ich dir von ganzem Herzen

Für deine Führung, für dein ‘Gut’

Und dass du mir in allen Schmerzen

Deine Kraft gibst, deinen Mut [1]

 

Kein Mangelerleben, kein psychisches Leid, auch keinen körperlichen Schmerz: Es geht dir rundum gut. Das Leben ist schön, du lachst und bist zufrieden mit allem, was es dir bringt. Du kannst nicht verstehen, weshalb es so viele griesgrämige Menschen gibt, so viel bitterer Ernst. Das Leben zeigt sich dir von seiner Sonnenseite, unbeschwert, leicht und lebenswert. Du siehst keinen, dem es besser geht als dir, so bist du auch frei von Neid und Eifersucht. Solche Erlebenszeiten sind toll. Sie sind ein Geschenk des Himmels, reines Gnadenerleben.

Nun aber, mit einem Schlag, rücken die Vergänglichkeit und der Mangel wieder in dein Bewusstsein. Irgendetwas ist vorgefallen, das dir das Kreuz des Lebens neu offenbart hat und du bist aufgefordert, dieses Kreuz, dein Kreuz, in voller Bewusstheit zu tragen. Schmerz- und Leiderfahrung sind dem Menschen nichts Erwünschtes. Wie jeder Mensch, jedes Lebewesen überhaupt, trachtest du nach Wohlergehen und Glück und möchtest Schmerz und Leid vermeiden. Dies ist die Grundmotivation für all unser menschliches Leben und Wirken: Das Vermeiden von Leiden und das Erlangen von Glück. Nichts anderes bestimmt unser Sein, unser Verhalten. Nun treffen dich Schmerz und Leiden, ganz entgegen deinen Vorstellungen und Wünschen.

Was soll nun das? Soll dieser Schmerz, soll dieses Leiden dir nun etwa dienlich sein auf dem Weg des wahren Lebens? Will dich jemand irgendwie erziehen und formen durch dieses Geschehen? Hast du gegen die Seinsgesetze verstossen, hast du gegen sie angekämpft, so dass nun Leiden die Folge ist davon? Sollst du nun etwa noch dankbar sein für diesen Lohn?

Du willst überhaupt gar nicht erzogen werden, und schon gar nicht auf diese Weise. Aber das Leben und seine Gesetze kümmern sich nicht um dein Wünschen und Wollen, sie gehen ihren eigenen Weg mit dir. Wenn du das Kreuztragen vergessen hast, dann wird dir eben zur Erinnerung verholfen. Die Existenz ist eine in allen ihren Aspekten durch und durch vergängliche und leidunterworfene. Da hast du keine Wahl-möglichkeit, das hast du zu lernen, zu erkennen und demgemäss zu leben.

Ja, das Sein, das Leben, ist manchmal sehr streng. Es gewährt Momente des Glücks, Augenblicke der Freiheit, und kaum hast du dich darauf eingerichtet ein glücklicher Mensch zu sein, treffen dich Schmerz und Leid. Wenn nun Gott überhaupt irgendetwas von dir will, wenn die Seinsgesetz-mässigkeiten dich etwas lehren wollen, dann ist es deine Bewusstheit. Verdränge und verleugne nicht den dunklen Aspekt des Lebens, den Schmerz, das Leid. Leben bedeutet Geborenwerden und Sterben, nicht nur das Eine. Leben geht einher mit empfinden und fühlen, Leben ist empfinden und fühlen, und was empfunden, was gefühlt wird sind Wohl und Weh, Lust und Leid, Freude und Trauer, nicht nur das Eine.

Was du zu lernen hast, ist dieses: Dass du nicht zur einen Hälfte des Lebens Ja sagen kannst und zur andern Nein. Wenn Du zum Leben Ja sagen willst, dann musst du lernen, dieses Ja der ganzen Lebensfülle zukommen zu lassen. Sagst du Ja zum Leben, dann sagst du auch Ja zu Schmerz und Tod, denn Leben gibt es nicht ohne Schmerz und Tod. Sagst du aber Nein zum Schmerz und zum Tod, dann sagst du auch Nein zum Leben, denn wo kein Schmerz und kein Tod sind, da ist auch kein Leben. Es gibt wohl das Todlose, Leidlose, aber unsterbliches schmerzfreies Leben gibt es nicht. Suche die Mitte der Existenz: Lebe frei von Bejahung und Verneinung des Existierenden. Was ist, das ist, und so wie es ist, so eben ist es. Dein Bejahen oder Verneinen, dein Begehren oder Ablehnen ändern an der Wirklichkeit nichts. Es verändert sich aber dein Erleben der Wirklichkeit, wenn du über Anziehung und Abstossung hinauskommst und das Leben und die Lebenserfahrungen anzunehmen lernst wie sie sind.

Das ist der beste Weg für den Umgang mit Schmerz und Leid: Werde still. Lasse deine stürmenden und stürmerischen Gedanken bezüglich der Erfahrung fahren und gib dich dem Erleben hin. Es ist wie es ist. Wohlig oder schmerzhaft. Höre auf Nein zu sagen zum Schmerz, denn dein Nein verstärkt den Schmerz nur. Sage nicht Ja zum Schmerz, aber versuche Ja zu sagen zur Erfahrung, die du gerade machst. Der Geist der Wahrheit ist es, der in deinem eigenen Geist das Ja zur Erfahrung spricht und dadurch das Erleben zum Erkennen macht. Das so erkannte Erleben ist wirklichkeitsgemässes Erleben und Erkennen. Du sprichst dein Ja zur Erfahrung der Existenz wie sie ist, gerade jetzt, gerade hier.

Er ist es, zu dem du das Ja sprichst, er, dein Weg des wahren Lebens. In Lust und Schmerz, in Freude und Leid. Nur auf diesem, deinem persönlichen Weg des wahren Lebens, kannst du Ruhe finden und Frieden und Befreiung. Du bist es, du selber bist dieser Weg. Nimm’ dich an, lebe dich, wer und wie auch immer du gerade bist.

Du kannst nicht ausserhalb deiner selbst weilen. Wenn du den wahren, echten Ruheort für deine Leiden suchst, dann suche in dir selber, denn nur inwendig in dir kannst du das Reich des Friedens, das Todlose und Leidlose finden. Dort ist der Ruheort für all dein Erleben. Wenn du nun diesen Ruheort findest, wenn du den Frieden erlebst auch mitten im Schmerz, dann wird dein Herz erfüllt von Dankbarkeit.

Du erkennst einmal mehr den Weg des wahren Lebens in deiner eigenen Existenz. Der Weg des wahren Lebens ist deine Kraft, ist dein Mut. Du magst ihn in schweren Zeiten innen nicht mehr sehen und aussen anbeten, das macht keinen Unterschied, denn der Geist der Wahrheit ist nicht örtlich zu lokalisieren. Er ist weder nur aussen noch nur innen. Wenn du ihn aber nur aussen siehst und aussen nur anbetest, dann bleibt dein eigenes Inneres mit einiger Wahrschein-lichkeit unberührt davon. Nur wenn dein eigener Geist zum Geist der Wahrheit wird, nur dann bist du selber zum Weg, zur Wahrheit und zum Leben geworden und kannst demzufolge zum Vater, zu den Seinsgesetzen durchkommen und mit ihnen mitschwingen, so dass das Leiden überwunden wird.



[1] Tagebuch, 25. Juli 2006