Satipatthana (auch) für Christen

 




Zum (Mundart-) Lied
(CD "Uelis Schrot" 2007)




Satipatthana (auch) für Christen


Satipatthana macht keine Gehirnwäsche mit dem Übenden. Es fordert keine bestimmten Überzeugungen oder Glaubens-inhalte. Vielmehr werden die eigenen Ansichten und deren Auswirkung auf die Psyche und auf das soziale Leben dem reinen Beobachten unterzogen und der Erkenntnis ihrer Wirkung auf das eigene Leben und Erleben zugänglich gemacht.

Satipatthana ermöglicht so auch eine gründliche eigene Prüfung ideologischer Vorstellungen und religiöser Glaubens-inhalte, die vielleicht seit Jahren ungeprüft und ohne sie richtig erkannt und verinnerlicht zu haben, aus Gewohnheit vertreten worden sind. Es sind jedoch nur solche Denkinhalte hilfreich und heilsam, die sich in der Praxis, im alltäglichen Leben auch tatsächlich als hilfreich und heilsam erweisen. Dies aber ist eine höchst individuelle, subjektive Angelegenheit: Nicht alles, was für mich selber hilfreich und heilsam ist, ist es auch für meinen Nächsten. Eine Verabsolutierung von ideologischen Überzeugungen und religiösen Glaubensinhalten zu allgemein gültigen und für alle Zeiten feststehenden Dogmen ist daher weder sinnvoll noch überhaupt möglich. Der Buddha selber sagte (auch hinsichtlich seiner eigenen Lehre):

Geht nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferun-gen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach blossen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann möget ihr sie aufgeben. Und wenn ihr selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann möget ihr sie euch zu eigen machen.[1]

Im selben Sinne lehrt die Bibel:

Für die Freiheit hat uns Christus befreit; so steht nun fest und lasset euch nicht wieder in ein Joch der Knechtschaft spannen! Hast du Glauben? Habe ihn für dich selbst vor Gott! Glückselig, wer sich selbst nicht richtet in dem, was er gutheisst![2]

Alles dessen, was dir hilft, auf dem Weg der Heilung und der Heiligung voranzukommen, darfst du dich ohne Angst bedienen. Der Satipatthana-Retreat ist eine Woche der Stille, des Schweigens, der Meditation und Kontemplation. Er verhilft dir über dich selber, über deine Gefühle, Emotionen und Gedanken Klarheit zu erlangen. Diese Klarheit befriedet das Herz, befreit den Geist und beruhigt den Körper.

Rechte Achtsamkeit ist die unerlässliche Grundlage für rechtes Leben und rechtes Denken und hat daher eine lebenswichtige Botschaft für jedermann: nicht nur für den überzeugten Buddhisten, sondern für alle, die sich bemühen wollen um die Meisterung des eigenen, so schwer zu lenkenden Geistes; und die seine verborgenen und gehemmten Möglichkeiten entwickeln wollen für eine größere innere Kraft und ein grösseres und reineres Glück. Es ist ein Weg, der heute ebenso gangbar ist wie vor 2500 Jahren; in den Ländern des Westens ebenso wie in denen des Ostens; für den Menschen im weltlichen Getriebe ebenso wie für den Mönch im Frieden seiner Zelle… Nehmen wir das Wort ‚Meditation’ in einem weiten Sinne, als Bewusstseins-Erhellung und Bewusstseins-Erhöhung, so darf die Satipatthana-Methode des Buddha, d.i. die Ausbildung Rechter Achtsamkeit, als der für den westlichen Menschen geeignetste Zugang zur Meditation bezeichnet werden.[3]

Ein sehr informativer Text zu Satipatthana von Georg Schmid aus seinem Buch "Wo das Schweigen beginnt - Wege indischer und christlicher Meditation" (1984) findet sich auf der Seite "Kirchen - Sekten - Religionen" der Evangelischen Informationsstelle Schweiz, hier


[1] Palikanon, Anguttara Nikaya, III 66

[2] Bibel, Gal 5,1

[3] Nyanaponika, „Geistestraining durch Achtsamkeit“ (Beyerlein & Steinschulte 1993)